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Die Dorfschule in Katwe, Uganda
Die Zukunft in die Hand nehmen
Schule des Lebens

Nach der Schule einfach mal ein Gap-Year? Gute Idee. Am besten in einem nachhaltigen Projekt. Das dachte sich auch Ali und ging nach ihrem Abi nach Uganda. Ihr Leben und ihre Berufswahl bekamen danach eine ganz neue Richtung. Eine (Zwischen-)Bilanz.

Ali heißt eigentlich Alexandra. Alexandra Müller.

Doch Abkürzungen passen tatsächlich ganz gut zu der 23-Jährigen aus dem oberbayerischen Eurasburg. Sie hält sich einfach nicht gerne lange auf, schon gar nicht mit großen Reden und Formalitäten. Als sie 2017 nach dem Abitur voller Tatendrang in ein Volonteer-Programm in Uganda einstieg, wurde ihr schnell klar, dass für sie mit ihrem Tatendrang in den dortigen Projekten nichts Großes zu bewegen war. Ali schimpft:

„In Uganda gibt es Projekte wie Sand am Meer. Aber der damit verbundene Volonteer-Tourismus hilft niemandem wirklich. Außer den Veranstaltern, die damit ordentlich Kasse machen.“

Da habe sie sich nach kurzer Zeit lieber selbst auf die Suche nach einem Grassroot-Projekt gemacht. Gesagt, getan.

Sie wohnte damals bei einer Familie mit einem außergewöhnlichen Gastvater: Joseph. Mit seiner Frau Irene und seinen fünf Kindern lebt er in der Nähe der Hauptstadt Kampala. Aufgewachsen ist Joseph jedoch in Katwe, einem kleinen Dorf im Nordwesten. Mit elf Geschwistern konnte die Familie nicht jedes Kind zur Schule schicken. Nur für Joseph gab es damals die Möglichkeit, die kleine Dorfschule besuchen.

2017 zeigte der mittlerweile studierte Psychologe und Sozialarbeiter Ali, wo er herkommt. Und die Dorfschule. „Die war damals in einem erschreckenden Zustand“, erinnert sich Ali. „Es gab nichts, kein Gebäude, so gut wie kein Lernmaterial, kaum Lehrer. Von Englischunterricht ganz zu schweigen. Dabei ist das ganze Bildungswesen des Landes auf Englisch aufgebaut. Ohne Sprachkenntnisse ist der Bildungszug für die Kinder schon abgefahren, bevor sie überhaupt eine Ahnung von ihren Entwicklungsmöglichkeiten in unserer Welt haben“, so ihr ernüchternder Befund. Aber dabei wollten sie und Joseph es nicht bewenden lassen.

Auf einmal packen alle mit an

Es habe zunächst viel Überzeugungsarbeit gebraucht, bis die Dorfbewohner eingesehen hatten, dass sie etwas tun mussten, um ihren Kindern eine Zukunft zu ermöglichen. „Doch dann waren sie dabei – und das mit Feuereifer“, sagt Ali. Die Eltern hätten angefangen, von Hand Ziegelsteine zu formen, um endlich ein Schulgebäude bauen zu können. Das entspreche auch ganz ihrem eigenen Leitspruch: „Es geht nicht darum, etwas für Menschen, sondern mit Menschen zu bewegen.“

„Es war ein großer Aufbruch, der das ganze Dorf erfasst hatte. Zu sehen, dass die Dorfgemeinschaft selbst soviel Aufwand betrieb, hat mich sehr motiviert, für das Projekt zu sammeln“, so Ali. Gemeinsam mit Dave, einem Volonteer aus Dresden, machte sie sich daran, Geld für das Grassroot-Schulprojekt aufzutreiben. „Die Banken hatten gleich abgewunken. Kredite und Förderung waren nicht zu bekommen. Da haben wir eben unseren Familien- und Bekanntenkreis in Deutschland miteinander vernetzt und nach Unterstützung für den Aufbau der Dorfschule gefragt. Da haben viele geholfen. Mit Spendenquittungen konnten wir nicht dienen, nur mit der Begeisterung der Menschen im Dorf für ihre neue Schule.“

Irgendwann waren kleine Regionalzeitungen in Sachsen und Oberbayern auf die Initiative aufmerksam geworden und berichteten über Joseph, die Dorfgemeinschaft und die Volonteers aus Deutschland. „Das Geld floss danach nicht in Strömen, aber auch Mikrospenden sind für Selbsthilfeprojekte schon eine sehr große Hilfe – und eine Bestätigung für die Menschen im Projekt, dass ihr Engagement da draußen in der Welt wahrgenommen und geschätzt wird“, sagt Ali.

Raus aus der Hilflosigkeit – rein in die Ausbildung

In dem Dorf mit seiner kleinen aufstrebenden Schule gibt es auch eine Krankenstation. „Als Weiße bin ich da oft um Hilfe gefragt worden. Ich müsste mich doch in Medizin auskennen“, erinnert sich Ali. „Aber ich konnte doch gar nichts. Das Gefühl der Hilflosigkeit war für mich schon sehr belastend.“ Danach habe für sie festgestanden, dass für ihre weitere Arbeit in Entwicklungsprojekten eine medizinische Grundausbildung sehr hilfreich wäre.

Sie entschloss sich, nach ihrer Rückkehr nach Deutschland ein Studium der Pflegewissenschaften anzufangen. Eine klassische dreijährige Krankenpflegeausbildung ist in diesem Dualen Studium mit Grundlagen des Pflegemanagements und der Organisationslehre verbunden. Die Uniklinik in München Großhadern kooperiert dazu mit der Fakultät Gesundheit und Pflege der Katholischen Stiftungshochschule am Campus München. Ali bewarb sich und konnte loslegen.

Ein kleiner Benjamin mischt mit

Mit Vollgas stürzte sie sich in die neuen Aufgaben. Sie bekam dabei überraschenden Beistand durch Benjamin, ihren Sohn, der pünktlich zum Ausbildungsbeginn das Licht der Welt erblickte und sie fortan zusätzlich auf Trab hielt. Glücklicherweise konnten ihre Eltern beim Ausbalancieren von Ausbildung und Kinderbetreuung helfen.

Mit Joseph und dem Schulprojekt in Katwe steht Ali seither immer im engen Kontakt und nimmt regen Anteil am Baufortschritt der Schule. Diese hat mittlerweile ein Dach, es konnten Lehrer (mit Englischkenntnissen) eingestellt werden und auch die Dorfbewohner sehen zunehmend ein, wie wichtig Schulbildung für die Zukunft ihrer Kinder und damit auch ihrer Dorfgemeinschaft ist. Nun kommen die Schüler schon aus weiterer Entfernung, weil sich herumgesprochen hat, dass die Kinder gut betreut und ausgebildet werden.

Andere begeistern, Netzwerke knüpfen und Spenden sammeln

Wer kann, zahlt, wie überall in Uganda, Schulgeld. Wer das nicht aufbringen kann, dem wird wo immer möglich geholfen. „Leider gibt es aber auch immer noch viele Eltern, die nicht wissen, wieviel die Bildung wert ist. Mit dem Schulgeld verbinden sich für sie eine höhere Verbindlichkeit, ein Ansporn und klare Regeln. So wird das Schulgeld zu einem Erfolgsfaktor, ohne allerdings das gesamte Projekt tragen zu können“, weiß Ali.

Deswegen sollen Mikrospenden aus Deutschland helfen, das die Schule weiterhin zu finanzieren. In ihrer Freizeit hält Ali deswegen Vorträge, zeigt Bilder und Filmchen aus Katwe in Volkshochschulen, Kirchengemeinden und Vereinen. „Das Interesse an meinem Ansatz ‚nicht für, sondern mit Menschen‘ ist immer groß und ich kann so pro Abend meist ein paar Hundert Euro für das Dorf und seine Entwicklung verbuchen“, freut sie sich. Mittlerweile kann sie dafür auch Spendenquittungen ausgeben.

Als junge Mutter ist Ali bei ihrem (und Benjamins) letzten Besuch Uganda ein weiteres drängendes Problem eindringlich bewusst geworden. Immer wieder werden dort junge Frauen ungewollt schwanger und geraten dadurch in große Not. „Die gesellschaftliche Akzeptanz der Kindermütter ist gering, sie stehen allein auf weiter Flur und müssen sich irgendwie durchschlagen“, sagt Ali. Für sie und ihre Partner ein kaum erträglicher Zustand. In Kasangat, wo Joseph mit seiner Familie wohnt, hatten sich die Eltern einiger Mädchen in ihrer Verzweiflung an Joseph gewandt. Eine ungewollte Schwangerschaft gilt in den überwiegend katholischen Gemeinde immer noch als ein Tabu.

Daraus entstand die Idee, den Mädchen und ihren Kindern mit einer Ausbildung zur Schneiderin eine neue Perspektive zu geben. Und die Dorfschule in Katwe brauchte dringend besser verarbeitete Schuluniformen. In der Familie von Joseph gab es jemanden, der Craft Arts, Kunsthandwerk, studiert hatte. Es konnte losgehen.

Crowdfunding für Nähmaschinen

Drei bis vier Monate dauert die Ausbildung, dann sind die Mädchen in der Lage, beispielsweise Schuluniformen zu schneidern und sich gegen freie Kost und Logis auf eigene Füße zu stellen. Im Crowdfunding über Facebook und Portale wie GoFundMe organisierte sie in Deutschland Spenden für den Kauf von Nähmaschinen. In der Schneiderinnen-Schule von Kasangat lernen nun 15 Mädchen und lassen mit Feuereifer die Nadeln „glühen“. „Ein echter Fortschritt nicht nur für die Mädchen selbst, sondern auch für die Gesellschaft, wo deren Eigenständigkeit nun besser erkannt werden kann“, freut sich Ali. „Der Andrang auf unsere Näherei ist deswegen riesig. Wir bauen sie definitiv weiter aus.“

Woher die eher zierliche Ali die ganze Energie für all ihr Tun zieht, ist ihr Geheimnis. Dass sie dabei andere mitzuziehen und zu begeistern vermag, ist hingegen offenkundig. Als nächstes möchte sie mit Joseph und seinen Leuten in Katwe Farming-Kurse einrichten, um den Bauern Möglichkeiten für eine nachhaltige Bewässerung ihrer Felder näherzubringen. Auch sollen kleine Baumplantagen entstehen, aus deren Erträgen die Schule weiter unterstützt werden soll.

Mit Sonne zur nachhaltigen Bildung

Ach ja, und da ist auch noch die Solaranlage für das Schuldach. Es gibt oft Stromausfälle nach oder Regen oder Sturm. Die Folge sind Unterrichtsausfälle. „Wir wollen eine langfristige, unabhängige und nachhaltige Lösung, sodass die Kinder zu jederzeit lernen können. Das heißt eine moderne und langlebige Insel- Solaranlage mit zirka zwölf Paneelen soll möglichst bald die Schule und das anliegende Gesundheitszentrum beleuchten“, sagt Ali und hat bereits eine entsprechende GoFundMe-Kampagne gestartet.

Es gibt viel zu tun. Nach erfolgreich bestandenem Krankenpflegeexamen, hat Ali dann doch lieber einmal ein Urlaubssemester eingelegt. Beim Bachelor kommt es für sie auf ein Jahr mehr oder weniger nicht an.

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„Wenn doch überall so viel Zukunft wartet!“